- 17. Juni 2019
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Fotograf: Alpenverein
Fotocredit: Alpenverein
Der außergewöhnlich schneereiche Winter 2018/19 stellt die rund 300 Wegewarte des Österreichischen Alpenvereins vor eine besondere Herausforderung: Viele Hütten sind nach wie vor nicht erreichbar, die Schäden am Wegenetz des Alpenvereins werden erst langsam sichtbar. Besonders hart spüren die Konsequenzen die Hüttenwirte: Einige Schutzhütten können heuer erst ein Monat verspätet aufsperren. Der Alpenverein appelliert an die Eigenverantwortung der Wanderer – derzeit sei erhöhte Aufmerksamkeit auf den Wegen geboten.
Außergewöhnlicher Winter führte zu außergewöhnlichen Schäden
Für die Wegewarte des Österreichischen Alpenvereins drängt die Zeit, denn nach einem unterdurchschnittlich kühlen Mai zieht es im heißen Juni immer mehr Wanderer in die Berge. Damit die Bergsteiger ungehindert in die Sommersaison starten können, müssen die rund 300 fast ausschließlich ehrenamtlichen Wegewarte derzeit kräftig anpacken: Die außergewöhnlichen Schneemengen hatten dieses Jahr eine große Zerstörungskraft, vor allem die mächtigen Nassschneelawinen im Frühjahr haben einige Wegabschnitte schwer beschädigt. Auch Staublawinen im Hochwinter haben zu Schäden geführt, allen voran die Totalzerstörung der Totalphütte in Vorarlberg.
„Eine besondere Herausforderung heuer ist, dass sich einige Hütten wegen der sich in hohen Lagen lang haltenden Schneemassen noch gar nicht erreichen lassen. Die vor der Sommersaison notwendigen Reparaturen können so nur verzögert durchgeführt werden. Mit den derzeitigen Temperaturen jenseits der 30° schmilzt der Schnee aber momentan rapide, mit dem Schmelzwasser gelangt auch genau das Material ins Tal, das unseren Wegen zugesetzt hat. Jetzt heißt es, die ausgeaperten Wege abzugehen und die Schäden entsprechend ihrer Prioritäten zu beheben“, resümiert Peter Kapelari, Leiter der Abteilung für Hütten, Wege und Kartografie im Alpenverein.
Seile und Brücken wurden aus ihrer Verankerung gerissen, Geröll blockiert die Gräben, einige Wegabschnitte wurden vom Regen völlig weggewaschen – all diese Bereiche müssen nun mühevoll von den Wegewarten saniert werden.
Ehrenamtliche Arbeit mit Unterstützung aus dem Katastrophenfonds
26.000 Kilometer Wege werden von den Ehrenamtlichen des Alpenvereins in ihrer Freizeit gepflegt und betreut. Finanziell unterstützt werden größere Sanierungsmaßnahmen durch den Katastrophenfonds des Alpenvereins, der sich aus Mitgliedsbeiträgen und den Beiträgen von HANDL TYROL, dem Partner des Alpenvereins zur Erhaltung der Wege und Hütten, zusammensetzt. „Dank dieser Unterstützung können wir auch bei außergewöhnlichen Wegschäden schnell tätig werden. Die Zusatzkosten dieses Jahr sind enorm, insgesamt werden die Sektionen heuer gut 300.000 Euro zusätzlich für die Behebung der Schäden benötigen“, so der Alpenvereinsexperte Kapelari.Alpenverein appelliert an EigenverantwortungZu den Aufgaben der Wegewarte gehört es, die Markierungen zu überprüfen, die Wege von Steinen und Ästen zu befreien, Entwässerungsrinnen zu reinigen, Geländer, Brücken und Stufen auf ihre Festigkeit zu überprüfen, Sicherungsseile und Abzäunungen zu kontrollieren und beschädigte Schilder zu ersetzen. Bei größeren Schäden, die nicht sofort behoben werden können, werden die Wegehalter informiert, Warnschilder angebracht und Wege möglicherweise sogar vorübergehend gesperrt.
„Für die Wegewarte ist das Mindestmaß an Sorgfaltspflicht, den Weg einmal pro Jahr abzugehen und zu kontrollieren. Üblicherweise passiert das im Frühjahr, was dieses Jahr besonders wichtig ist, denn nur so können wir abschätzen, wie viel die Schäden wirklich ausmachen. Bei den Meldungen, die momentan über unseren Katastrophenfonds hereinkommen, hören wir leider oft den Ausdruck ‚katastrophal‘ dazu. Heuer ist die Situation wirklich katastrophal, wir gehen davon aus, dass die Frühjahrsreparaturen bis in den Herbst hinein andauern“, bedauert Peter Kapelari.
Auch wenn die Reparaturarbeiten bereits voll angelaufen sind, liegt es in der Eigenverantwortung der Wanderer, die Wege derzeit mit erhöhter Aufmerksamkeit zu begehen und auf eventuelle Schäden zu achten. Kapelari betont: „Hundertprozentige Sicherheit und zu jeder Zeit makellose Wege können wir einfach nicht garantieren, das ließe sich im Gebirge nie bewerkstelligen, besonders nicht nach so einem Winter.“ Nach geltendem Recht haftet der Wegehalter in Österreich erst bei grober Fahrlässigkeit.
FACTBOX:
• Die Alpenvereine ÖAV und DAV kümmern sich gemeinsam um ein ca. 40.000 km langes Wegenetz in den österreichischen Alpen. 26.000 km Wege pflegt alleine der Österreichische Alpenverein.
• In etwa 200 Arbeitsgebieten, für die jeweils einzelne Alpenvereinssektionen zuständig sind, werden die Wege und über 200.000 Wegweiser mit hohem Arbeitsaufwand in Stand gehalten.
• Das Wegenetz der Alpenvereine verbindet 430 Alpenvereinshütten in Österreich.
• Über 300 Wegewarte sind ehrenamtlich für die österreichischen Alpenvereinssektionen im Einsatz.
• Der Alpenverein übernimmt für die von ihm betreuten Wege auch die Verkehrssicherungspflicht und die Wegehalterhaftung.
• Das Hütten- und Wegenetz der Alpenvereine ist nicht nur die tragende Säule des Bergsports und des Sommertourismus in den Alpen, sondern auch die effektivste Besucherlenkung. Gut erhaltene und markierte Wege erhöhen die Sicherheit der Erholungsuchenden und verringern die Zahl von Such- und Bergungseinsätzen.