Lang unterschätzte Permafrostböden beschleunigen Klimawandel – Geowissenschaftler laden Wiener zum Dialog ein

  • 5. April 2018
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Fotograf: Annett Bartsch; Fotocredit: Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum

Noch nie war die Spannung zwischen benötigten und bestehenden Ressourcen so groß wie jetzt. Neue Erkenntnisse über auftauende Permafrostböden heizen die Diskussion über den Klimawandel noch mehr an. Bis 2100 wird durch ihr Auftauen um 15 % mehr Kohlenstoff, v.a. in Form von CO2 und Methan – das ein 28-mal höheres Treibhausgaspotenzial als CO2 hat – in die Atmosphäre gelangen. Erstmals laden die europäischen Geowissenschaftler im Rahmen ihres Kongresses auch die Wiener zum Dialog über den Klimawandel ein. 
“Wir sehen uns als Gesundheitscheck für die Welt und setzen alles daran, Lösungen zu finden, wie wir alle nachhaltig auf dem Planeten zusammenleben können,“ so der Präsident der europäischen Geowissenschaftler (EGU), Jonathan Bamber. Die Herausforderungen sind groß, denn noch nie war die Spannung zwischen den benötigten und bestehenden Ressourcen – wie Energie, Wasser, Nahrung und Klima – so groß wie jetzt. Vom 8. bis 13. April treffen sich 16.000 internationale Geowissenschaftler aus allen Disziplinen im Austria Center Vienna, um gemeinsam Lösungen zu finden. 

Lang unterschätzter Permafrost heizt Klimawandel an

Ein Thema am Kongress ist der Klimawandel – und mit ihm der lang unterschätzte Permafrost. „Permafrost ist ein weitverbreitetes Phänomen. Ein Viertel der Landoberfläche der Nordhalbkugel ist davon betroffen. Wir sprechen überall da von Permafrost, wo der Untergrund mindestens zwei Jahre in Folge gefroren bleibt“, so die österreichische Klimaforscherin Annett Bartsch. „Permafrost befindet sich nicht nur in weit entfernten Regionen, wie der Antarktis, Alaska und Kanada, sondern es gibt ihn auch im Hochgebirge wie in den österreichischen Alpen ab 2.500 m Höhe,“ betont Bartsch. Rund 2,5 % der Fläche Österreichs ist ganzjährig gefroren, weitere 1,5 % der Landesfläche haben tiefgründigen, saisonalen Bodenfrost. Besonders betroffen sind davon die hohen Bergregionen in Tirol und Salzburg. Insgesamt liegen 23 Schigebiete, 31 Speicherseen und 42 alpine Schihütten in unserem Land direkt oder indirekt in Permafrost-Regionen. 

Erhöhte Felsstürze und Bodenabsenkungen in den Alpen

Problematisch werden Permafrostböden, wenn sie auftauen. In den Alpen kommt es so zu erhöhten Felsstürzen und Bodenabsenkungen. Dadurch ist die Sicherheit der bestehenden Infrastruktur wie der Wanderwege, Bergstationen, Seilbahnen, Berghütten und Lawinenverbauungen in Gefahr und es kommt zu erhöhtem Wartungsaufwand. Auch Stauseen für die Energiegewinnung aus Wasserkraft und Dämme sind davon betroffen. 

Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan heizen Klimawandel an

Neben diesen regionalen Auswirkungen hat das Auftauen der Permafrostböden auch einen enormen Effekt auf den Klimawandel, denn in vielen Permafrostböden ist Kohlenstoff gebunden, welcher in Form von Kohlendioxid und Methan dann an die Atmosphäre abgegeben wird. Derzeit befinden sich beispielsweise 760 bis 830 Gigatonnen Kohlenstoff in der Atmosphäre. Durch das Auftauen der Permafrostböden könnten bis ins Jahr 2100 noch 120 Gigatonnen Kohlenstoff dazukommen. Das bedeutet eine zusätzliche durchschnittliche Erderwärmung um 0,2 bis 0,3° Celsius – zu der bereits prognostizierten Erderwärmung von durchschnittlich 2° Celsius. Wird Methan durch das Auftauen der Böden freigesetzt, hat dies ein 28-mal höheres Treibhausgaspotenzial als Kohlendioxid. 

Klimamodelle müssen neu gerechnet werden

„In den bestehenden Klimamodellen werden die Auswirkungen von Permafrost leider noch nicht oder nur unzureichend berücksichtigt,“ so Bartsch. Daher startet die ESA, die European Space Agency, auch gerade ein Projekt in ihrer Climate Change Initiative, in dem eine globale Kältekarte zu Permafrost erstellt wird. Auf Basis von Satellitendaten werden die globalen Permafrostveränderungen der letzten 30 Jahre nachmodelliert, die dann genauere Prognosen bestehender Klimamodelle zulassen sollen. 

Geowissenschalfter laden Wiener zur Diskussion

„Der Dialog mit allen ist uns sehr wichtig,“ so Jonathan Bamber. Daher laden die europäischen Geowissenschaftler heuer im Rahmen ihrer Jahresversammlung erstmals alle Wiener zu einem öffentlichen Vortrag am 12. April im Naturhistorischen Museum ein. „Zentrales Thema dabei ist, wie wir alle gemeinsam die dringendsten Themen des Klimawandels in den Griff bekommen können. Zudem wollen wir auch Einblicke in die geowissenschaftlichen Entwicklungen aus den Erd-, Planeten- und Weltraumwissenschaften geben und so eine Brücke zwischen den Wissenschaftlern im Austria Center Vienna und der Wiener Bevölkerung schlagen“, so der Kongresspräsident.  
Details & Anmeldung zum Vortrag:Donnerstag, 12. April, 19.00im Naturhistorischen MuseumProgrammAnmeldung zum kostenlosen Vortrag: egu@nhm-wien.ac.at   

Über die IAKW-AG

Die IAKW-AG (Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft) ist verantwortlich für die Erhaltung des Vienna International Centre (VIC) und den Betrieb des Austria Center Vienna. Das Austria Center Vienna ist mit 24 Sälen, 180 Meetingräumen sowie rund 22.000 m² Ausstellungsfläche Österreichs größtes Kongresszentrum und gehört zu den Top-Playern im internationalen Kongresswesen.

Tags: Wien

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